Mittwoch, 20. August 2014



Auch das innere Entstehen eines Wortes im Menschen hat, ebenso wie in der Trinität, diesen Charakter der innenbleibenden Hervorbringung; denn die ratio ist zugleich „Wort“, was auch im griechischen Begriff „Logos“ ausgedrückt sei. Darum meint die Metapher von der »Geburt des Wortes« nicht nur die transzendentale Geburt des Wortes Gottes, sondern auch das äußere »Worten« (geworten) des inneren Wortes. Im Sprechen sind Außen und Innen eins. Denn das gesprochene Wort „äußert“ sich nicht nur aus dem Inneren heraus, sondern bleibt als die transzendentale Bedingung des Sprechens im Inneren erhalten. So legt Eckhart seinen Satz aus:

Daz ist gote werder, daz er geistlîche geborn werde von einer ieglîchen juncvrouwen oder von einer ieglîchen guoten sêle, dan daz er von Marîâ lîplîche geborn wart. – „Es ist Gott lieber, dass er von einer jeden Jungfrau oder von einer jeden guten Seele geboren wird, als dass er von Maria leiblich geboren wurde“ (Pr. 22; DW I, 376,3–5).

Der Grund ist, dass in der äußeren Schöpfung des Menschen, dieser als Sohn oder Wort Gottes zugleich in Gott selbst ewig gezeugt wurde: Har inne ist ze verstânne, daz wir sîn ein einiger sun, den der vater êwiclîche geborn hât (Pr. 22; DW III, 376,6 f.). Gleichsam ‚parallel‘ zur zeitlichen „Geburt in die Welt“ geschieht ‚meine‘ transzendentale „Geburt in Gott“ als das Wort oder der Sohn Gottes. Dies ist aber kein strikt jenseitiges, „transzendentes“ Geschehen, sondern es vollzieht sich laut Eckhart in der Seele.


  • ·       Dieser ‚transzendentale Parallelismus‘ ist die ontologisch-phänomenologische Grundlage jeder Meditation im Geiste Meister Eckharts. Er wird noch genauer zu bestimmen sein.


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